City Gardening for everybody

Megatrend mit vielen Chancen

Stefan Pohl

Foto: GABOT
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Die Grüne Branche profitiert seit einigen Jahren von gesellschaftlichen Entwicklungen, die ihren Sortimenten einen gewissen Hype und ihrem Marktvolumen ein stetiges Wachstum bescheren. Solch ein Lebensgefühl, das immer mehr Verbraucher in Zeiten der Urbanisierung bewegt, ist zum Beispiel das sogenannte Urban oder City Gardening. Es macht Gärtnern zur hippen Freizeitbeschäftigung und Pflanzen zu unverzichtbaren Mitbewohnern. Für Hersteller und Handel bringt der Trend neue, vielfältige Chancen: Nach Berechnung des IFH Köln waren City Gärtner 2018 bereits für 15% der Ausgaben im deutschen B2C-Gartenmarkt verantwortlich.

Weltweit leben immer mehr Menschen in Städten. Während heute 55% der 7,62 Milliarden Erdenbürger Stadtbewohner sind, werden es im Jahr 2050 voraussichtlich zwei Drittel (68%) sein. Die Prognose für Deutschland beläuft sich auf 84,3% im Jahr 2050 (Quelle: Vereinte Nationen). Insbesondere junge Menschen zieht es in urbane Lebensräume. Denn ein Leben im dicht besiedelten Umfeld bietet viele Vorteile – so ist die Mobilität deutlich höher als auf dem Land und auch die Auswahl an verfügbaren Arbeitsplätzen ist in der Regel vielfältiger. Auf der anderen Seite stehen Abgase und Hektik einem Mangel an Natur und Ruhe gegenüber. Eine eigene Grünfläche ist selten, der Wunsch nach Erdung und floralem Einfluss hingegen wächst. Dies hat in den vergangenen Jahren eine Bewegung entstehen lassen, bei der im öffentlichen Raum, auf Balkonen und Terrassen kleine Nutzgärten entstanden sind, die von Einzelnen oder Gruppen bewirtschaftet werden. „Urban oder auch City Gardening ist längst kein neuer Trend mehr, aber es war ein Startschuss für weitere Entwicklungen, die wir heute in unserer Branche beobachten“, so Stefan Pohl, Pressereferent beim Industrieverband Garten (IVG) e.V.

Neue Sehnsucht nach dem Eigenanbau

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Die Urban-Gardening-Bewegung weckte bei Stadtbewohnern aller Generationen eine beinahe nostalgische Sehnsucht nach der Kultivierung eigener Lebensmittel. Zeiten, in denen der Anbau von Obst und Gemüse fundamentaler Bestandteil eines jeden Gartens war, sind lange vorbei – die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln ist flächendeckend gegeben. Doch die dicht besiedelten Wohnräume sorgten, gepaart mit einem neuen Gesundheitsbewusstsein und dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit, für eine neue Welle des Eigenanbaus. So erfreuen sich seit einigen Jahren Schrebergärten wieder neuer Beliebtheit. In den deutschen Kleingartenvereinen findet ein rasanter Generationenwechsel statt. Etwa 45% aller rund einer Million deutschen Schrebergärten werden heute an junge Menschen und Familien mit Kindern verpachtet. Die Nachfrage wächst stetig, sodass in Ballungsgebieten bereits 60% aller Vereine eine Warteliste führen. Dieser Boom ist eine Weiterführung der Urban-Gardening-Flächen hin zum eigenen Grün. „Wer weder eine Parzelle, noch einen urbanen Garten in der Nachbarschaft hat, setzt den Eigenanbau in der Küche, auf Balkon oder Terrasse um“, sagt Stefan Pohl. „So erleben insbesondere Kräuter und Gemüsepflanzen derzeit eine Renaissance, aber auch die Sortimentsgruppen des Saatguts und der Anzuchtprodukte profitieren von dem neu gewonnen Nutzgedanken der Bevölkerung.“

Vielfältige Chancen für Industrie und Handel

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Häufig besitzen die jüngeren Generationen, die durch Bewegungen wie Urban oder City Gardening zu neuen Gartenfans werden, jedoch nur ein rudimentäres Wissen über die Anzucht und Pflege des lebenden Grüns. War es in früheren Generationen üblich, dass sie durch Mitarbeit auf der großelterlichen Grünfläche bereits im jungen Alter mit floralen Informationen versorgt wurden, ist diese Schnittstelle bei den sogenannten Xer- und Yer-Jahrgängen so gut wie nicht mehr vorhanden. Deshalb sind sie auf die Unterstützung und Beratung vonseiten der Industrie und des Handels angewiesen. „Und diese haben reagiert“, so Pohl. „Conveniente Pflanzgefäße, die – entweder komplett oder teilweise vorgepflanzt – nach dem Kauf unmittelbar oder mit geringem Aufwand auf Balkon oder Terrasse platziert werden können, sind vermehrt im Sortiment vieler Gartencenter anzutreffen.“ Automatische Bewässerung oder bienenfreundliche Bepflanzungen decken den Wunsch der Verbraucher nach nachhaltigen Produkten und ressourcenschonenden Systemen ab. Und multifunktionale Möbel wie Tische mit integrierten Wäscheständern, portable Grills oder Beete ermöglichen es jedem Gartenfreund, sich auf 20 Quadratmeter Balkon oder Dachterrasse seine eigene grüne Oase als Rückzugsort zu schaffen.