Die Lust am Gärtnern

Wertvoller Einfluss auf das Wohlbefinden

Stefan Pohl

Foto: GABOT
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Der Gartenmarkt unterliegt seit jeher den unterschiedlichsten Entwicklungen, sei es gesellschaftlicher oder klimatischer Natur. Megatrends wie Nachhaltigkeit, Urbanisierung oder Digitalisierung nehmen ebenso Einfluss auf das Marktvolumen der einzelnen Segmente wie Starkregen oder Dürreperioden. Im vergangenen Jahr hat die Corona-Pandemie auch die Grüne Branche durcheinandergewirbelt und die neue Lust am Gärtnern noch einmal verstärkt.

Während der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Reisebeschränkungen waren die Menschen gezwungen, wochenlang zu Hause zu bleiben. Viele haben die Zeit genutzt, um ihre Gärten weiter zu verschönern. Der Garten wurde mit Produkten wie Pool, Grill, Möbeln und Pflanzen zu einem Ort der Erholung und Entspannung hergerichtet. „Eine wichtige Ablenkung für die Menschen auch auf psychologischer Ebene“, sagt Stefan Pohl, Pressereferent beim Industrieverband Garten (IVG) e.V. „Denn die Garten-Sortimente haben nicht nur auf emotionaler Basis einen wertvollen Einfluss auf das Wohlbefinden.“ Sie bieten darüber hinaus die Möglichkeit, sich im eigenen Haus oder Garten sinnvoll, kreativ und motivierend zu beschäftigen und somit die Vielzahl an weggefallenen Freizeitaktivitäten im eigenen Zuhause für Kinder und Erwachsene aufzufangen. „Wir sind davon überzeugt, dass die Bepflanzung des eigenen Balkons oder Gartens den Menschen dabei hilft, die Pandemie besser zu überstehen“, so Pohl.

Gärtnern macht zufriedener

Eine Studie der Hochschule Geisenheim untermauert diesen Eindruck. Untersucht wurde darin die Bedeutung von Gärten während des vergangenen Corona-Jahres. Ein Ergebnis: Befragte mit eigenem Garten (53 Prozent) sind im Durchschnitt zufriedener mit ihrem Leben. Zudem gab über die Hälfte aller Gartenbesitzer an, dass der Garten im vergangenen Jahr wichtiger als im Vorjahr war. Ein Fazit der Studienbetreiber lautet daher, dass der eigene Garten mehr als nur ein gewöhnliches Hobby sei. Gartenarbeit bedeute immer auch eine Pflege des privaten Auenlandes, in dem die Welt noch in Ordnung ist. Der Garten diene als Oase, in dem Menschen durchatmen, zur Ruhe kommen, die Welt vergessen und sich im Notfall sogar selbst versorgen können. Diese neue Lust am Gärtnern wird auch durch eine Untersuchung von Professor Dr. Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen zum Freizeitverhalten der Deutschen unterstrichen. Darin zeigt er auf, dass Gärtnern im Jahr 2020 einen deutlichen Aufschwung erlebt hat. War vor Corona jeder vierte Bürger wenigstens einmal pro Woche im Garten aktiv, war es letztes Jahr bereits jeder Dritte. Gardening sei demnach ein beliebtes Hobby der Deutschen. Dabei müsse es nicht unbedingt der eigene Garten sein, vielen reiche auch die Terrasse oder der Balkon. Und wer auch das nicht hat, der betreibt Urban Gardening, also die Bewirtschaftung kleiner Nutzgärten im öffentlichen Raum, um seiner Leidenschaft nachzugehen und nebenbei die Qualität des eigenen Wohnumfelds zu erhöhen.

Der Kleingarten als Zweitwohnung

Foto: GABOT
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„Wie wichtig das Thema Gärtnern für die Menschen geworden ist, zeigt auch die Entwicklung in den deutschen Kleingärten“, erläutert Pohl. Haftete ihnen früher eher ein leicht verstaubtes Image an, sind sie heute vor allem in prosperierenden Ballungszentren so nachgefragt, dass teilweise Wartezeiten von mehreren Jahren bestehen. Zudem findet derzeit ein deutlicher Generationswechsel statt. In Deutschland gibt es knapp eine Million Kleingärten, in denen geschätzt fünf Millionen Menschen gärtnern: Lag das Durchschnittsalter der Mitglieder in den Vereinen und Verbänden bisher bei 56 Jahren, hat es sich in den vergangenen Jahren stark verringert. Wesentlicher Grund dafür ist die stärkere Nachfrage von jungen Menschen, meist Familien mit Kindern, die zudem internationaler werden. Befeuert durch die Pandemie wird der Garten dabei mehr und mehr als Wohnraum wahrgenommen und genutzt und der bereits seit Jahren bestehende Trend zum Garden Living noch einmal verstärkt. Bequeme Lounge-Möbel, Teppiche für den Außenbereich und die passende Gartendekoration gehören zu den gefragten Produkten. Hinzu kommt die wachsende Beliebtheit von Outdoor-Küchen und vielseitigen BBQ-Lösungen. Denn das Zubereiten von Speisen beschränkt sich nicht mehr auf einfaches Grillen – Kochen, Backen, Garen oder Räuchern sind mit den modernen Geräten ebenfalls möglich.

Der digitale Wandel erreicht den Garten

Im Hinblick auf das Arbeits- und Einkaufsverhalten der Menschen hat die Corona-Krise zu einer erheblichen Beschleunigung auch im digitalen Bereich beigetragen, der auch vor dem Garten nicht halt macht. „Auf dem Gebiet der Digitalisierung wird sich voraussichtlich auch im Garten in den kommenden Jahren noch viel tun und es ist davon auszugehen, dass Gärten eine aktive, von Daten unterstützte Rolle in vielen Bereichen der Gesellschaft spielen werden“, so Pohl. Beispiel Home-Office: In immer mehr Berufen können Arbeitnehmer an jedem Ort der Welt arbeiten. Warum also nicht auch im Garten? Zudem wird es wahrscheinlich zahlreiche Möglichkeiten geben, die Optimierung der Gartenpflege mithilfe smarter Geräte voranzutreiben. Doch die Gartenarbeit ist ein zu komplexer Vorgang, als dass er komplett autonom stattfinden könnte. „Darüber hinaus ist ein komplett autonomer Garten ja auch gar nicht im Sinne des Gartenfreunds“, erläutert Pohl. „Denn die Arbeit im Garten ist ja für viele, wie bereits beschrieben, ein Ausgleich zu stressigen Situationen und zum Arbeitsalltag.“

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