Revolutionierung der Blumenindustrie

Verlängerung der Haltbarkeit von Blumen

Jonas Lundh

Foto: Opticept
Foto: Opticept

Das schwedische Unternehmen OptiCept Technologies hat zahlreiche Erfolge mit seiner Technologie für Schnittblumen erzielt. Mit der neuen Methode lässt sich nach eigener Aussage die Haltbarkeit von Schnittblumen im Durchschnitt um 50 Prozent verlängern.

Kürzlich wurde ein Modellversuch in 100 schwedischen Supermärkten abgeschlossen. Die Resultate zeigten eine Umsatzsteigerung von 36 Prozent bei Schnittrosen, die mit der OptiBoost-Technologie behandelt wurden, im Vergleich zu nicht behandelten Rosen.

Begonnen hat alles mit einigen Wissenschaftler*innen an der Universität Lund in Schweden, die herausfinden wollten, warum einige Grassorten den Winter überdauern und andere nicht. Die Forschung zur Erhaltung, Optimierung und Verlängerung der Lebensdauer von Kulturpflanzen war der Ausgangspunkt. Auf der Basis von Vakuuminfusion in Verbindung mit einer selbst entwickelten Nährstofflösung wurde eine einzigartige, patentierte Technologie entwickelt, die die Haltbarkeit verlängert.

Was aber steckt genau für eine Technologie und Methode dahinter? Dazu äußerte sich Ulf Hagman, geschäftsführender Vorsitzender von OptiBoost, im Detail: „Wir verwenden Vakuuminfusion, um die Lufteinschlüsse in den Blättern mit einer speziellen Nährlösung zu füllen“, erklärt Hagman. „Die Blätter und Stiele werden so imprägniert und dadurch kräftiger, außerdem nehmen die Rosen viel mehr Flüssigkeit auf, fast doppelt so viel wie die unbehandelten.“

Das Maschinensystem erstreckt sich über eine Grundfläche von ca. 4x2m und besteht aus einer Steuereinheit, sowie drei Behandlungskammern. Das Basissystem kann bis zu 40.000 Rosen pro Stunde behandeln. Die Blumen werden für etwa 30 Sekunden in die Behältnisse gelegt, wo sie einer Vakuuminfusion unterzogen und mit einer Nährlösung aus energiereichen Inhaltsstoffen imprägniert werden. Die Behandlung kann vor oder nach dem Stielschnitt, dem Transport, beim Gärtner, bei der Anlieferung, beim Großhändler oder nach der Trockenlagerung erfolgen.

Die Verbindung zur renommierten Universität in Lund wurde aufrechterhalten und im Laufe der Jahre Tausende von Rosen und Blumen getestet. Zahlreiche Sorten haben die Behandlung durchlaufen, mit unterschiedlich ausgeprägter Verbesserung der Lebensdauer in der Vase. Die Zunahme der Haltbarkeit ist von biologischen Eigenschaften abhängig, allerdings stellen auch Lagerung, Handhabung, Jahreszeit und Transport wichtige Einflussfaktoren dar. Laut Hagman liegt die durchschnittliche Steigerung über alle Sorten hinweg jedoch bei mindestens 50 Prozent.

Die Mehrzahl der Behandlungen wurde bisher an verschiedenen Rosensorten vorgenommen, aber auch andere Blumen wie Chrysanthemen, Alstroemerien und Hortensien werden gegenwärtig mit dieser Methode behandelt.

Höhere Verkaufszahlen und weniger Abfall – Erkenntnisse aus dem Modellversuch in 100 Supermärkten

Über mehrere Monate hinweg wurde das Verfahren im Einzelhandel erprobt und die Ergebnisse des Modellversuchs liegen vor. Im Sommer 2021 wurde die Evaluierung gestartet. Seit Mitte Juli 2021 verkaufen die Supermarktketten in 100 Filialen behandelte Rosen. Verglichen wurde dies mit 100 entsprechenden Geschäften, in denen weiterhin unbehandelte Rosen verkauft wurden. Die Bewertung wurde als Blindtest durchgeführt, d. h. weder Verkaufsstelle noch Verbraucher wussten, in welchen Geschäften OptiBoost-Rosen und in welchen unbehandelte Rosen verkauft wurden. Damit sollte festgestellt werden, wie sich der Umsatz und die Abfallmengen entwickeln. Die 16-wöchige, kommerzielle Evaluierung wurde Anfang November 2021 abgeschlossen und ergab, dass in den 100 beteiligten Geschäften der Umsatz um 20 Prozent gestiegen und der Ausschuss stark zurückgegangen ist.

In einem anderen schwedischen Geschäft, ICA Toppen Höllviken, werden seit April 2021 damit behandelte Rosen verkauft und ähnliche Ergebnisse wurden erzielt. 15 Prozent mehr Umsatz, 25 Prozent weniger Abfall und 50 Prozent mehr Bruttogewinn im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum 2020.

Sowohl bei den Blindversuchen in den 100 Supermärkten als auch in der einzigen ICA-Filiale fühlten sich die Verbraucher offensichtlich mehr zu den behandelten Rosen hingezogen als zu den unbehandelten, aber warum?

„Sie sehen einfach besser aus! Sie öffnen sich gleichmäßiger, intensivere Farben und frischere Blätter ziehen den Verbraucher an. Die verlängerte Haltbarkeit in der Vase ist etwas, das sie entdecken, wenn sie die Rosen nach Hause bringen, was sie vermutlich dazu bringt, noch mehr Blumen zu kaufen“, sagt Hagman.

Revolutionierung der Blumenindustrie als Zielsetzung

Mit den Ergebnissen ist das Unternehmen laut Hagman sehr zufrieden, sieht diese jedoch lediglich als ersten Schritt – und hat größere Visionen: „Wir wollen die Blumenindustrie mit unserer Technologie revolutionieren und sind fest davon überzeugt, dass wir einen signifikanten Einfluss ausüben können. Unsere Technologie kann beim Erzeuger, beim Großhändler oder im Einzelhandel eingesetzt werden, wodurch ein Mehrwert für die gesamte Produktionskette entsteht“, erläutert Hagman.

Dabei geht es nicht primär um die Steigerung des Umsatzes. Während die Erhöhung der Gewinnspannen zweifellos ein sehr willkommener Effekt ist, soll insbesondere die Nachhaltigkeit der Blumenindustrie vorangetrieben werden. Auch das Ziel, den Gärtner und Einzelhändlern dabei zu helfen, den Endverbrauchern ein besseres Produkt zu liefern, ist für Ulf Hagman ein wichtiges Anliegen.

Das Thema Nachhaltigkeit in der Blumenbranche

Nachhaltigkeit steht heute ganz oben auf der Agenda von Entscheidungsträgern in aller Welt und die Eindämmung des Klimawandels gewinnt stetig an Bedeutung. Ein Ziel von OptiCept ist es, zu mehr Nachhaltigkeit im Blumensektor beizutragen. Jährlich werden ca. 43 Milliarden Schnittblumen produziert. Schätzungsweise 10-20 Prozent davon werden als Abfall entsorgt.

„Wir haben erkannt, dass wir erheblich dazu beitragen können, die Abfallmenge in der Blumenindustrie zu reduzieren, was wir auch mit den kürzlich durchgeführten Versuchen unter Beweis gestellt haben“ so Hagman. Angesichts der längeren Haltbarkeit von Blumen können auch andere Transportmittel für die Industrie in Frage kommen. Der Wechsel von Luft- zu Seefracht könnte die Kohlendioxidemissionen verringern und den Wasserverbrauch beim Transport reduzieren.

Hagman sieht ein weltweites, starkes Interesse an der neuen Technologie. Aktuell ist eine OptiBoost Maschine im Vereinigten Königreich bei MM Flowers für Versuche installiert. Es wird angestrebt, die Maschinen auch bei den Erzeugern selbst zu installieren, damit die Rosen bereits vor dem Transport behandelt werden können. Die Behandlungsverfahren wurden bereits in Kenia getestet und das Unternehmen hofft, auch in Südamerika eine Anlage aufstellen zu können. In China wächst der Rosenmarkt sehr dynamisch und auch dort wird die Technologie bereits erwartet.

Weltweite Markteinführung – Partnerschaft mit globalen Blumenproduzent

Gemeinsam mit einem globalen Blumenproduzenten hat das Unternehmen in den letzten Jahren OptiBoost für Schnittblumen und Stecklinge entwickelt. Geplant ist nun, mit Hilfe von Syngenta den Verkauf in größerem Maßstab in die Wege zu leiten.

„Die Partnerschaft ist wichtig, da diese eine globale Reichweite und ein herausragendes Fachwissen auf dem Gebiet der Blumenproduktion verfügt. Außerdem ist sie eine Qualitätsgarantie, dessen Unterstützung uns einen zusätzlichen Auftrieb und Glaubwürdigkeit verleiht“, so Hagman.

Stecklinge sind der nächste Schritt

Neben der Verfahrenstechnik für Schnittblumen entwickelt das Unternehmen auch eine Behandlung für Stecklinge. In diesem Bereich wird die Vakuumimprägnierung (VI) mit dem gepulsten elektrischen Feld (PEF) kombiniert, um die Lebensdauer von Pflanzenstecklingen vor dem Einpflanzen zu verlängern. Anfang September 2021 wurde bei der Mondi Group in Südafrika ein Pilotprojekt für forstwirtschaftlich genutzte Stecklinge gestartet. Ziel ist es, die Lebenserwartung von unbewurzelten Stecklingen zu erhöhen, sowie das Wachstum und die Bewurzelung nach dem Einpflanzen zu verbessern. „Es ist noch zu früh, um etwas über die endgültigen Ergebnisse zu sagen, aber bis jetzt sieht es sehr vielversprechend aus“, sagt Ulf Hagman über das Projekt.