Digitalisierung im Gartenbau

Funkgestütztes Bodenfeuchte-Sensorsystem zur ressourcenschonenderen Produktion

Nele Lang/Nursery Stock Growing Support System

Foto: Nele Lang, Nursery Stock Growing Support System
Foto: Nele Lang, Nursery Stock Growing Support System

In modernen gartenbaulichen Betrieben gewinnen digitalisierte Prozesse und Lösungen zunehmend an Bedeutung. So werden z.B. innovative IoT-Lösungen immer relevanter. IoT steht für Internet of Things, zu Deutsch Internet der Dinge, welches vom Gabler Wirtschaftslexikon als die Vernetzung von Gegenständen mit dem Internet und der damit einhergehenden, selbständigen Kommunikation von Gegenständen über das Internet definiert wird. IoT-Systeme können multipel angewandt werden. Zum Beispiel entwickelt ein internationales Team im Rahmen des EIP-Projekts Nursery Stock Growing Support System ein Bodenfeuchte-Sensorsystem, das unmittelbar an die Bedürfnisse der gartenbaulichen Praxis angepasst ist. Dieses Sensorsystem misst verschiedene Parameter, unter anderem die Bodenfeuchte in Topfpflanzen. Die gemessenen Bodenfeuchte-Werte werden mittels LoRa-Funk an ein Gateway gesendet, welches die Werte in die Cloud hochlädt, sodass die Werte anschließend softwaretechnisch verarbeitet werden können. Der Gärtner kann sich mit dem Endgerät seiner Wahl – PC, Smartphone oder Tablet – einen Überblick über die Feuchtigkeitsversorgung seiner Kulturen verschaffen und diese somit möglichst bedarfsgerecht und ressourcenschonend bewässern.

Zwar können IoT-Systeme auch über das WLAN betrieben werden, wie oftmals im Heim- und Hobbybereich angewandt, allerdings ist die kabellose Netzwerkübertragung relativ störanfällig und nur über begrenzte Distanzen möglich. Die im Projekt verwendete Form der Datenübertragung nennt sich LoRa und ist ein Low Power Wide Area-Netzwerkprotokoll, das dementsprechend bei geringem Energieverbrauch eine Datenübertragung über weite Strecken ermöglicht. Bezogen auf die Freilandproduktion von Zierpflanzen sind eben diese Aspekte sehr von Vorteil. Oftmals wachsen erfolgreiche Betriebe, sodass die Produktionsflächen nicht mehr nur unmittelbar um den Betrieb gelegen sind, sondern zum Teil einige Kilometer voneinander entfernt liegen. Somit müssen die Kulturführer in der Hochsaison mitunter mehrmals am Tag zu den verschiedenen Stellflächen fahren, um den Wasserbedarf zu kontrollieren. Ein Sensorsystem kann helfen on remote, also aus der Ferne, einen Überblick über kulturführungsrelevante Parameter wie z.B. der Bodenfeuchte, dem EC-Wert oder der Temperatur zu erhalten.

Insbesondere die Topfpflanzenproduktion im Freiland liefert verschiedene Herausforderungen, weshalb bisher marktverfügbare Sensortechnologien unbefriedigend in der Handhabung sowie im Informationsgehalt sind. Folgende Herausforderungen sind zu nennen: Kleine Topfgrößen verlieren im Hochsommer durch das kleine Substratvolumen ihre Feuchtigkeit und der Sensor muss klein genug sein, damit dieser zum einen ein repräsentatives Messergebnis liefert und zum anderen die Kulturpflanze nicht in ihrem Wuchs beeinflusst. Darüber hinaus werden oft Kultursubstrate mit hohem Salzgehalt verwendet. Auch die verschiedenen Bewässerungsarten (meist Gießwagen oder Sprinkler) müssen berücksichtig werden. Dazu kommen die allgemeinen Anforderungen an den Gartenbau zunehmend wasser- und nährstoffsparend zu produzieren.

Das Projektkonsortium, bestehend aus der Landwirtschaftskammer NRW als Leadpartner, dem sich all diesen Anforderungen stellendem, internationalen, niederländischen Tech-Startup Quantified, der Universität Wageningen (NL) mit Expertise im Bereich Sensorik und Robotik und fünf niederrheinischen Zierpflanzengärtner*innen. Gemeinsam und interdisziplinär arbeitet das Projektteam daran, das Sensorsystem technisch zu realisieren und zunehmend an die Bedürfnisse der Praxis anzupassen. Aktuell hat das Projekt Nursery Stock Growing Support System die erste Praxisphase erfolgreich absolviert. Die Praktiker wurden in ihrer Kulturführung begleitet und die gesammelten Daten werden nun nach und nach verarbeitet und ausgewertet. Das Forschungsteam möchte mithilfe dieser Daten Antworten auf verschiedenste Fragestellungen finden, z.B. wie viele Sensoren pro Managementzone sowie je Bewässerungseinheit nötig sind, um repräsentative Ergebnisse zu generieren. Zudem wurden die ersten technischen „Kinderkrankheiten“ behoben. Im Winter werden weitere Laborversuche durchgeführt und es wird intensiv an der Software gearbeitet, um diese möglichst nutzerfreundlich, einfach und informativ zu gestalten.

Das Projekt hat neben der Entwicklung eines praxistauglichen Bodenfeuchte-Sensorsystems verschiedene Ziele: Kurzfristig sollen Arbeitskräfte entlastet werden, in dem sie durch das Sensorsystem in ihrer Entscheidungsfindung, beispielsweise ob bewässert werden muss oder nicht, unterstützt werden. Durch die Fernkontrolle können ineffiziente Arbeitswege und somit Zeit und Energie gespart werden. Mittelfristig soll das Sensorsystem dazu beitragen, bedarfsgerechter und effizienter zu bewässern und zu düngen. Auf diese Weise soll die zunehmend wertvolle Ressource Wasser durch Einsparung und reduzierte Nährstoff- und Pflanzenschutzmittelemissionen geschützt werden. Mit anderen Worten: Die gartenbauliche Produktion soll durch die innovative IoT-Lösung in Form eines funkgestützten Bodenfeuchte-Sensorsystems ressourcenschonender werden. Dies soll langfristig eine nachhaltigere und wettbewerbsfähige deutsche Zierpflanzenproduktion sichern.

Wichtig ist den beteiligten Praktiker*innen, dass das Sensorsystem den Gärtner nicht in seiner Funktion abzulösen. Das System soll unterstützen, vereinfachen und entlasten. Fachkräfte lassen sich auch durch die innovativsten Lösungen nicht ersetzen, besonders nicht im Umgang mit lebenden Organismen wie Pflanzen. Mit den Worten des niederländischen Startups Quantified: „Helping you make factbased decisions“.